Bei dem Begriff „Neonazi“ schwebt uns allen ein bestimmtes Klischee vor Augen. Männlich, Glatze, schwarze Springerstiefel und Bomberjacke. Doch was steckt hinter diesem Stereotyp, das sich seit Jahren fest in unserer Gesellschaft verankert hat.
Neonaziaufmärsche gleichen heute mehr einer gekonnten Inszenierung als dem Bild eines wütenden Skinhead Mobs aus den 90er Jahren. Ihr Ziel ist stets die Provokation der Gesellschaft und des politischen Gegners. Sie tragen einheitliche T-Shirts, demonstrieren im Marschtakt, folgen strammstehend den Reden ihrer Führungskader. Ihre Demonstrationen wirken wie eine einstudierte Choreografie. Fahnen, Transparente und Parolen werden von Kadern vorgegeben. Ihre Kernaussagen codieren sie durch Zahlenkombinationen, Symbole, Phrasen und sie nutzen gekonnt gezielte Anspielungen. Das rassistische und antisemitische Weltbild wird mehr oder weniger offen zur Schau getragen. Eingeweihte wissen was gemeint ist und sind somit Teil eines vermeintlich elitären Kreises. Das Ziel faschistischer Ästhetik war schon immer die Schaffung eines romantischen Ideals.
Ist es möglich die Selbstdarstellung der extrem rechten Aktivist*innen aufzubrechen, ohne sie dabei zu verharmlosen? Wie lässt sich faschistische Ästhetik reproduzieren, ohne auf ihre Inszenierung hereinzufallen? Kann es gelingen, die visuelle Präsenz von Narzissmus und totalitärer Ästhetik zurückzudrängen? Wie kann man Neonaziaufmärsche dokumentieren und abbilden ohne die einzelnen Menschen zu anonymen Objekten innerhalb einer Masse werden zu lassen?